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SUMPFZYPRESSEN in der RHEINAUE..

Sumpfzypresse Sumpf Zypresse Taxodium distichum Rhein Rheinaue Deutschland

Das trockene Frühjahr 2017, mitsamt dem dazugehörigen Niedrigwasser im sonst mächtigen Fluss Rhein, machen es mir möglich, die Rheinauen zu erkunden und dort Gebiete zu erreichen, die sonst von den Altwässern umschlossen und somit nicht zugänglich sind. Vor allem habe ich die Gelegenheit, besonderen Bäumen zu begegnen, über die ich mir lange nicht im Klaren war, obwohl ich sie schon vor einigen Jahren entdeckt habe. Auf den ersten Blick könnte man sie in ihrer beeindruckenden Erscheinung für so etwas wie Mammutbäume halten, das sind sie jedoch nicht. Erst bei der Recherche über Zypressen stieß ich auch auf diese Bäume und wusste sofort, dass ich am Rhein schon einmal vor ihnen gestanden war und damals nicht so recht wusste, was ich vor mir hatte? Nun bin ich klüger und wollte mich einmal intensiver mit ihnen beschäftigen, um ihre Qualitäten als Räuchersubstanz zu erkunden, denn als Nadelhölzer haben sie diese Eignung mit Sicherheit.

Ein warmer Nachmittag im grünenden Auwald führte mich also zum Ufer, an dem einige von ihnen wuchsen und nun sah ich sie mir einmal genauer an, bewunderte und fühlte...

 

 

Die Echte Sumpfzypresse (Taxodium distichum) wird aufgrund des entfernt ähnlichen Aussehens ihrer weichen, rundlichen Nadeln manchmal auch als "Sumpfeibe" bezeichnet, ist aber eine wesentlich feinere, hellere und ungiftige, sehr außergewöhnliche Räucherpflanze. Man sieht sie nur selten in unserem Land, ursprünglich stammt die Pflanze aus dem südlichen Nordamerika und Mittelamerika. Ihre Vorfahren gediehen jedoch in prähistorischer Zeit während wärmerer Klimaphasen wohl auch auf unserem Kontinent. Heute wird sie manchmal angepflanzt, als Parkbaum oder als forstlicher Versuch, da ihr Holz als sehr wertvoll gilt. Jedoch wächst sie nur sehr langsam und kann über 1000 Jahre Lebensalter erreichen, während derer sie ihre charakteristischen, beeindruckend massiven Stämme ausbildet, die sonderbar "gewellte" Strukturen, schuppige gräulichbraune Rinde und teils bizarre Wurzeln mit sogenannten "Atemknien" haben, welche um die Bäume herum senkrecht und knorrig aus dem Boden wachsen, um bei Überschwemmungen die Belüftung und die notwendige Festigkeit der Verwurzelung zu unterstützen. Orte, die am Wasser und zeitweilig überschwemmt werden, sind die richtigen Bereiche. Zudem benötigt sie ein wärmeres Klima mit milden Wintern, wie es am Rhein in Süddeutschland gegeben ist. Sie treibt eher spät aus, wenn auch hier in der warmen Aue wesentlich früher als anderswo. Die Nadeln sind zunächst weich und hellgrün, werden im Sommer dunkler grün und verfärben sich im Herbst schließlich leuchtend rotbraun, bevor sie wie Laub abfallen. Der Baum trägt ferner runde Zapfen.

 

 

Wie bei Nadelhölzern generell, eignen sich auch bei der Sumpfzypresse alle Pflanzenteile als Räucherwerk. Die Sumpfzypresse produziert jedoch kein ausfließendes Harz und ist auch nicht sonderlich harzhaltig. Dennoch hat das Holz einen feinen, harzig-holzigen und warmen Duft, der sich auch durch die Trocknung nicht verliert. Man kann, um an Holz zu kommen, ein kleines "Atemknie" ernten, das sehr weich ist und sich leicht absägen sowie später gut zerkleinern lässt. Die Nadeln bzw. Zweige duften mild krautig und ebenfalls etwas harzig. Sie zu pflücken und vorsichtig zu trocknen, ist die naheliegendste Möglichkeit. Zudem können Stücke der schuppigen, sich immer wieder erneuernden Rinde abgelöst oder vom Boden aufgesammelt werden. Diese lassen sich auch gut mörsern, bevorzugt in einem schweren Steinmörser, da sie dünn sind und leicht zerbrechen. Die noch unreifen Zapfen sind stärker duftend und können nach längerer Trocknung und sorgfältigem Mörsern ebenfalls gut verräuchert werden. Eine Mischung aus allen Teilen der Sumpfzypresse, also Zweige mit Nadeln, Rinde, Holz und Zapfen stellt den Idealfall dar und harmoniert als Räucherwerk in Mischungen wunderbar mit süßlich und balsamisch duftenden Harzen von anderen Nadelhölzern oder mit den harzigen Pappelknospen, welche sich ebenfalls zu dieser Jahreszeit in der Rheinaue finden lassen.

 

Sumpfzypresse Sumpf Zypresse Räuchern Räucherwerk
Gesammeltes Räucherwerk von der SUMPFZYPRESSE (Taxodium distichum): Zweige mit Nadeln, Rinde und Holz zunächst frisch; das Foto darunter zeigt es getrocknet und zubereitet für die Räucherkunst.

 

Die Wirkung der Sumpfzypresse ist stark zentrierend auf das Selbst und die eigene Seele oder Persönlichkeit. Sie richtet den Fokus auf die eigenen Bedürfnisse und Verletzungen und trägt sanft zu ihrer Heilung bei, indem sie einzigst deren Notwendigkeit bewusst macht und dabei hilft, die nötigen Prozesse zuzulassen, ohne dabei zu vertiefen oder Wunden aufzureißen. Bewusstsein und Geschehenlassen werden unterstützt und die Akzeptanz, dass manchmal Phasen der Ruhe und Regeneration angebracht und abzuwarten sind, auch wenn es teilweise schwerfällt, diese Zeit wirklich zuzulassen und Geduld zu haben. Die Sumpfzypresse symbolisiert den Fluss der Zeit, des Lebens und der Erfahrungen, der wie das Wasser kommt und geht und immerfort fließt... Standfestigkeit ist wichtig, aber genauso wichtig ist die Fähigkeit, die Dinge um einen herum einfach fließenzulassen, ohne sie beinflussen zu müssen oder sich um sie zu kümmern und sie nicht unbedingt festhalten zu wollen - auf dass vielleicht Neues kommt oder vertrautes Altes wiedergefunden wird.