
Um manche Räuchersubstanzen finden und beschreiben zu können, um die Existenz oder Nichtexistenz von ihnen erkennen zu können, um das verlorengeglaubte Wissen um sie vielleicht zurückbringen zu können... sind manchmal auch sehr weite Reisen und lange Wege nötig!
An Orte, die Antworten geben können und wo es die passende Natur mit den richtigen Pflanzen gibt.
Ich hatte mich dazu entschlossen, meine persönliche Reise zum Wacholder und dem überlieferten, aber nirgendwo je zu sehenden WACHOLDERHARZ anzutreten, für mein Lebenswerk und für mein
erstes Buchprojekt... Vollkommen ngewiss, ob ich es finden würde, aber mit dem unweigerlichen Gefühl und Wissen, es unbedingt versuchen zu müssen, weil da Etwas für mich ist und auf mich wartet
...
So ging es über ein Wochenende ins Nachbar-Bundesland Bayern in die Fränkische Alb, wo es große Bestände von Wacholder in den typischen Wacholderheiden geben soll...
TAG 1
Ich war am Mittag nach 3 Stunden Fahrt in der Gegend angekommen, die ich mir für den ersten Tag vorgenommen hatte. Vor meinen Augen erstreckten sich Wacholderheiden und lockerer Wald aus
recht frei und sehr gedrungen gewachsenen Waldkiefern, wie man sie sonst eher selten sieht. Faszinierend!
Hier war ich vor Jahren schon einmal gewesen und ich konnte dieses Gebiet nie vergessen... Es hatte mich gerufen! Wie wunderbar es sein würde, mich nun ausgiebig in diese Landschaft mit ihren besonderen Kraftorten zu vertiefen und zu schauen, welche Antworten ich bekommen würde...


Nun war ich gespannt und voller Motivation, das seltene Harz des Wacholders zu finden. Würde mir das tatsächlich gelingen?
So näherte ich mich begeistert den ersten Wacholdern an, fand allerdings leider nichts, das wäre wohl auch zu einfach gewesen. Immerhin entdeckte ich nach einigen Versuchen und Büschen doch noch ein wenig Harz und dann eröffnete sich mir das, was ich mir so sehr erhofft hatte... und noch viel mehr... Es gibt sehr wohl Wacholderharz!!!
So war ich stundenlang in der Wacholderheide unterwegs, sah und sammelte, machte Fotos und freute mich bereits darauf, einen Artikel über den Wacholder und sein Harz schreiben zu können. Es war kein Fehler gewesen, vorab den Mut aufgebracht zu haben, den Wacholder als heimisches Räucherharz auch in das aktuelle Buchprojekt mit aufzunehmen, obwohl ich sein Harz noch nie vor mir gehabt hatte und es auch noch bei keinem der bekannten Experten gesehen hatte. Bin ich wirklich die einzige Räucherkundige, die einfach auf die Suche gegangen ist? Aufgrund der üblicherweise zu lesenden Informationen über das seltene und sozusagen nicht existente Wacholderharz, hatte ich zugegeben schon Bedenken gehabt...

... denn woher sollte ich es nehmen? Wenn ich darüber schreibe und veröffentliche, setze ich unbedingt voraus, mit der Räuchersubstanz vertraut zu sein und sie zu besitzen, so dass authentische Fotos und Beschreibungen möglich sind. Das war in Sachen Wacholder nicht der Fall gewesen. Niemand hatte das Wacholderharz bisher in Wort und Bild beschrieben... und nun wurde klar, dass diese Erstveröffentlichung wohl mir bestimmt und offensichtlich gelungen war! Meine Freude darüber wurde immer größer, erneut vergessenes Wissen in unsere eigene Räucherkultur zurückbringen zu können... Ich ging von Wacholder zu Wacholder und verstand immer besser, welche Bäume vielversprechend waren. So begann mein mitgebrachter Behälter sich langsam mit Harztropfen und Rinde zu füllen und ich erlangte bald das gewünschte Wissen über das Wacholderharz und sein Vorkommen. Die Stunden vergingen unbemerkt...
Eine sehr alte Linde inmitten der Wacholderheide lud zum Ausruhen und zu einem kleinen Ritual ein...
Trotz aller Motivation und Begeisterung nahm ich mir die Zeit, das Wacholderharz zum ersten Mal zu räuchern und diesem Ereignis ein angemessenes Ambiente zu verschaffen. Auch fiel immer
häufiger Regen, so dass ich davon ausging, dass das Wetter nicht den ganzen Tag halten würde.

Am Stamm der alten Linde, die dort eine Höhlung hatte, errichtete ich meinen kleinen Naturaltar mit den typischen Kalksteinen dieser Landschaft, mit verwittertem Holz und den Funden des Wacholders: Harz sowie beerentragende Zweige waren ein wunderschöner Anblick. Als ich zum ersten Mal das Wacholderharz auf die Räucherkohle legte und seinen Duft wahrnahm, war ich überwältigt von seiner Leichtigkeit und Feinheit. Es duftete typisch nach Wacholder und war trotzdem anders als der Rauch von Nadeln oder Holz.
Ich ließ meine Gedanken kommen, dieses Jahr stand doch Einiges an und es würde nicht leicht werden, das wusste ich. Trotzdem waren die Geschehnisse hier, und viele davor, klare Zeichen, die mir die Richtung ohne Zweifel anzeigten und mit Kraft und Halt gaben.
Schließlich war es Zeit, weiterzugehen. Nicht nur in meinem Leben, auch hier...
Ich wanderte und suchte bis zur Dämmerung. Auch nach 8 Stunden war ich noch nicht soweit, fertig zu sein. Ich hätte in diesem Moment noch lange weitergehen und sammeln können, denn diese
Landschaft und das, was sie mir gab, erfüllte und bereicherte mich. Ein Ort ganz nach meinem Gefallen, an dem ich mich endlos erfreuen konnte und wo ich ewig bleiben könnte... Aber die kommende
Dunkelheit und die Tatsache, dass es sich inzwischen doch fest eingeregnet hatte, beendeten den Tag. So machte ich mich auf die Suche nach dem Gut, auf dem ich mir ein Zimmer genommen hatte und
verbrachte die Nacht unter dem alten Gebälk eines 200 Jahre alten Gebäudes, auf dessen Dach der Regen plätscherte. Eigentlich hatte ich überlegt, draussen oder im Auto zu übernachten, aber so war
es nun doch wohliger und ich schaute abends bereits die gemachten Fotos an und dachte schon an meine Schreibarbeit...
TAG 2
Nach all dem Regen während der Nacht war das Tal am Morgen von dichtem Nebel eingehüllt. Aber das Sonnenlicht schien schon hindurch und der Tag versprach sehr angenehmes Wetter.
Bereits vor 9 Uhr machte ich mich auf den Weg in das nächste Wacholderheidegebiet, in dessen unmittelbarer Nähe ich übernachtet hatte. Nur war die Wacholderheide nicht ganz leicht zu finden, da der weiße Nebel alles in sich verbarg und ich noch nie zuvor an diesem Ort gewesen war. Mit der aufgehenden Sonne wurde die Sicht aber schliesslich frei und ich stellte fest, genau richtig zu sein...

Der Morgennebel löste sich innerhalb von Minuten auf und gab die Sicht auf ein ganzes Tal frei, an dessen weiten Hängen sich "endlose" Wacholderheiden erstreckten und darüber der klare, azurblaue Himmel eines Frühlingstages. Die dunkelgrünen Farbschattierungen der Wacholderbüsche und die blaugrüne Färbung der Waldkiefern leuchteten geradezu. Auch hier gab es die besonders gewachsenen Waldkiefern und die erste, die der Nebel freigab, beeindruckte durch eine vollendete Drehung in ihrem Wachstum. Die Wacholderheiden scheinen zunächst nicht so extrem, was ihr Klima betrifft. Aber diese Erscheinung der Pflanzen und Bäume zeigt deutlich, welcher Witterung sie widerstehen müssen. Nur deswegen existieren hier die Wacholderheiden, weil die meisten anderen Pflanzen unter diesen kargen und rauhen Bedingungen des Wachstums nicht gut gedeihen können. Hinzu kommt, dass sich solche Gebiete landwirtschaftlich kaum nutzen lassen.
Nur die Beweidung mit Schafen war möglich und führte zur Entstehung dieser Landschaft. Bis heute ist die Schafhaltung notwendig, um Wacholderheiden auch für die Zukunft zu erhalten.
Die Wacholderheiden mit ihren weiten und offenen Räumen und den interessanten Nadelgehölzen entsprechen so ganz meinen persönlichen Vorlieben in Sachen Natur und
(Räucher-)Pflanzenwelt...
Ich nahm mit allen Sinnen in mich auf... Jeder Blick in die Wacholderheiden mit ihren Höhen, Hängen und Tälern war ein Genuss... Die Weite der freien Landschaft lud zu ihrer Erkundung ein. Der Geruch der feuchten Morgenluft trug schwer die würzigen Düfte von Wacholder, Waldkiefern und Flechten mit sich, fast wie im Herbst in den Nadelwäldern zuhause... Frühjahr und Herbst stehen sich im Jahreskreis gegenüber, doch während der Herbst zu angenehmem Rückzug und Innenschau führt, bedeutet das Frühjahr, in die Welt zu gehen und das Potenzial zu verwirklichen. Aktuell mein persönliches Thema...

Ich befand mich an einem einzigen unermesslichen Kraftort, wo die Anwesenheit der Naturgeister und die Energien und Mächte der Natur spürbar alles durchfließen und durchwirken.
Immer wieder sah ich außergewöhnliche Felsen oder knorrige, uralte Bäume, welche die Hüter der Wacholderheiden und die Heimstätten der Geister dieser Orte sind.
Viele dieser faszinierenden Naturwunder wirkten vielmehr wie archaische Naturaltäre...

... und viele von ihnen VERLANGTEN geradezu nach einem kleinen Ritual und ihrer naturspirituellen Verehrung!
Es ist tatsächlich so, dass sie es nicht zulassen, einfach an ihnen vorbeizugehen. Ich hatte das Gefühl, unbedingt zurückgehen zu müssen und wurde zögerlich und unentschlossen, als ich einmal
in eine andere Richtung weitergehen wollte. Mehrfach spürte ich deutlichst, dass genau hier und jetzt die Zeit für ein kleines Naturritual in Form einer Räucherung gekommen war und so kam ich den
Wünschen der Geister nach. In Felsnischen oder auf großen, interessant geformten Kalksteinen waren die vorab bereits gefundenen pflanzlichen Räucherkostbarkeiten gut zu präsentieren und die
Rituale des Dankes mit dem duftenden Rauch des Wacholderharzes brachten Harmonie in die Stimmungen der Natur und der Elemente sowie Harmonie in die Seele...
Nachdem ich auch hier in diesem Gebiet das gesuchte Wacholderharz gefunden hatte - wenn auch längst nicht so viel wie am vorherigen Tag - war ich diesbezüglich nun vollkommen zufrieden und langsam konnte ich meine Aufmerksamkeit auch auf andere vorgesehene Dinge und die Suche danach lenken...
Zunächst auf das Thema Wacholderholz, welches leider nur wenig zu finden ist. Es verbietet sich aber, lebenden Wacholder zu schädigen, so dass nur Totholz in Frage kam. Hier und dort kann man in der Wacholderheide aber schon einer herausgewitterten Wurzel oder einem etwas knorrig verwachsenen, trockenen Holz begegnen.
Ich hatte lange vor, für eine oder zwei meiner liebsten Federn zum Räuchern besondere Griffe aus Wacholderholz anzufertigen und wenn ich auch nicht mehrere geeignete Hölzer für solches Kunsthandwerk fand, so doch immerhin das, was ich für mich selbst benötigte. Auch eine ganz faszinierend gewachsene Wacholderwurzel zeigte sich und wollte mitgenommen werden, um wohl auf irgendeinen meiner Hausaltäre oder in das Kabinett der besonderen Naturalien zu kommen...

Schließlich galt mein Interesse auch anderen Gewächsen der Wacholderheiden, ich sah sie mir nun endlich näher an. Nach dem Winter sind die Gräser ausgeblichen und es gibt noch keine Kräuter.
Aber es gibt weitere Bäume, neben den noch kahlen Laubgehölzen eben auch sehr alte und gedrungen oder verdreht gewachsene Waldkiefern, die meistens auf den Höhen der Heidegebiete gewachsen sind
und das rauhe Klima sichtlich wiederspiegeln. Kein Vergleich mit den hohen und astlosen Exemplaren in den geschlossenen Wäldern meiner Heimat. Hier sind die Waldkiefern imposante Individuen oder
sie bilden durch ihr lockeres Vorkommen viele heilige Haine, die sie mit ihren weit ausladenden Ästen auf sehr angenehme Weise überschatten. Unter ihnen zu wandern und jeden einzelnen Baum dabei
zu bewundern, war mir eine einzige Freude und die besonderen Energien dieser Wälder waren sehr kraftvoll...

Der Gedanke, hier vielleicht auch Harz dieser Waldkiefern finden zu können, ließ selbstverständlich nicht lange auf sich warten... Nur - oder bessergesagt glücklicherweise - gibt es im Bereich der Wacholderheiden keine oder kaum Forstarbeiten, so dass die Bäume keine Verletzungen haben, welche harzen könnten. Folglich gestaltete sich die Suche nach Harz etwas anders als gewohnt, aber meine Intuition und die Vorsehung der Natur ließen mich auch hier nicht ohne Erfolg zurück: Ab und zu fand ich Harz an der Rinde, meistens war der Harzfluss durch Insektenbefall verursacht worden und es waren auch ganz außergewöhnliche Harzgebilde dabei, die sich jedes Mal durch das Erklettern der tief angesetzten dicken Äste dieser eigenartig gewachsenen Bäume recht gut erreichen ließen. So ergab sich auch ein sehr schöner Fund Waldkieferharz für die Räucherkunst.

Den Mittag über war es sonnig, warm und der kommende Frühling war deutlich spürbar. Immerhin hatte ich am zweiten Tag angenehmes und trockenes Wetter, so wie ich es mir erhofft hatte. Die Pflanzenwelt überraschte auf den kahlen Heideflächen stellenweise mit ersten, seltenen Blüten und der Tag ließ mich einfach genießen, für mich geschätzte Momente der inneren Ruhe und Vollkommenheit.
Am späten Nachmittag zogen erneut Wolken am Himmel auf und das Licht schwand, ebenso wie meine Kräfte. Innerlich fühlte ich mich vollkommen, der Kreis schloss sich und ich wusste, es war Zeit zu gehen.
Einige letzte Blicke ließ ich über die Wacholderheiden schweifen, hinüber auf die andere Seite des Tals, wo ich nicht gewesen war. Alles ist zu weit, um es an nur einem einzigen Tag zu erkunden. So bleiben nicht betretene und nicht erkundete Orte zurück... für den nächsten Besuch... Ich werde wiederkommen!
Diesmal ging ich beglückt und bereichert, mit neuem Wissen und mit all den Geschenken der Natur, voller neuer Stärke für meine kommenden Aufgaben - wohlwissend, dass alles seinen Sinn hat...